Das bislang schlimmste Hochwasser suchte Radebeul im März des Jahres 1845 heim und erreichte einen Pegel von 8,77 m.

Im Radebeuler Stadtarchiv existiert das Tagebuch des Winzers Johann Gottlob Mehlig, der darin seine Eindrücke von diesem „merkwürdigsten Wasser” für die Nachwelt festhielt.

 

Aus dem Tagebuch von Johann Gottlob Mehlig

Den 27. März, es hatte früh wieder etwas gefroren, Vormittags war es größtentheils helle, Nachmittags trübe, windig und regnerisch. Am Abend hörte man Kanonenschüsse bei Meißen, später bei Niederwarte, warscheinlich wollte die Elbe brechen.

Den 28. März, trübe, windig und regnericht mitunter, es hatte diese Nacht nicht gefroren, und dauerte den ganzen Tag fort, der Wind ging aber kalt, der Schnee war ziemlich verschwunden bei uns, bloß die starken Wehen lagen noch. Das Wasser lief in unseren Grunde Stromweise hinunter, war auch schon gestern gelaufen. Diesen Morgen in der 8ten Stunde brach das Eis auf der Elbe. Es wuchs anfänglich nicht bedeutent. Gegen 11 Uhr fing das Wasser an zu wachsen, und Nachmittags stand schon das Ostra ganz blank. Diese Nacht waren auch 8 Zoll Wasser in unsern Keller gekommen.

Den 29. März, den vorigen Abend gegen 10 Uhr kam noch ein sehr starkes Regenwetter, es soll auch gewittert haben. Heute war es trübe und sehr starker Wind, Nachmittags kamen immer stärkere Regenschauerden. Die Elbe war diese Nacht sehr gewachsen, und wuchs auch den ganzen Tag fort, zu Mittag 11 Uhr war es an der Dresdner Brücke 8 Ellen über den 0 Punkt gewesen, gegen Abend überstieg es die Dämme bei Stetsch, unter Golis, und auch bei Ketzschenbroda von Mickten bis Radebeil war alles blank. Den 30. März, diesen Morgen lag wieder Schnee, und hatte auch gefroren, Vormittags war es mehr trübe wie Sonnenschein, Nachmittags kamen immer Regenschauerden mitunter. Die Elbe war diese Nacht fort gewachsen, sie ging zwischen Dresden und Neudorf über die Straße.Von Neudorf bis Pieschen auch über die Straße, von Pieschen bis Trachau auch über die Straße, so daß die Wagen bis ziemlich an die Achsen im Wasser fahren mußten, und das Wasser zwischen Pieschen u. Trachau bis an die Eisenbahn, so daß man unten an der Bahn nicht mehr gehen konnte. Kein Wagen durfte nicht mehr auf der Straße fahren, weil das Wasser zu hoch war. Unter Trachau ging das Wasser ebenfalls über die Straße, so daß vieles Wasser schon über der Straße stand. Nachmittags in der 2ten Stunde stand das Wasser bis an die große Eisenbahn Brücke, und Abends gegen 7 Uhr lief es schon sehr stark durch die Brücke. Es hatte sich schon ein Teich versammelt, und throte nach den Wildenmann (= Wilder Mann) zu zulaufen. Zwischen Ketzschenbroda und Fürstenhain war das Wasser schon früh bis an die Straße, und war den Sommerwasser 1824 gleich. Abends war das Wasser weiter heraus getreten, und machte wieder einen Bogen nach der Eisenbahn. Unter der zweiten Brücke von Ketzschenbroda herauf war das Wasser durchgetreten, und stand nun auf beiden Seiten der Straße, so daß noch ein Wagen gemächlich durchfahren konnte. In die Pappelschenke mußte man schon auf Breter gehen, in Ketzschenbroda stand in der Mitte des Dorfes so viel Wasser, daß sie schon beinah mit Kähnen fahren konnten. Von Ketzschenbroda drang das Wasser nach Naundorf, aber durch die Thätigkeit der Cuhmun (Kommune = Gemeinde) wurde ein Damm vorgezogen, welcher das Wasser abhielt. In Neustadt Dresden stand das Wasser bis ans goldene Pferd (= Goldener Reiter), die Buden auf den Markt standen alle im Wasser, man konnte nicht auf die Brücke, man mußte über eine Burg gehen, oder auf einen Wagen, oder Kahn auf die Brücke fahren.
Der Wasserstand war schon in der 10ten Elle über den 0 Punkt, in Altstadt konnte man nicht zum Georgen Thor hinein, man mußte auf einer Burg hinein gehen. Den Wagen ging es bis an die Achsen. Auf Trachenberge konnte man nicht fort vor Wasser, der Zwinger stand schon ziemlich voll Wasser, und auf der Ostra-Allee ging es den Wagen bis an die Achsen. Durch die Dresdner Brückn schwammen viele 1000 Stämme Holz, auch viele Häußer, zerrißene und ganze, ein Hauß war ganz geschwommen gekommen, aber an der Dresdner Brücke war es gescheidert, so waren Stühle, Tische, Komoden Schränke, und auch Betten herangekommen.
Man hörte sagen, daß diesen Tag gegen 8 zertrümmerte Häuser durch die Brücke gegangen währen, einen Stamm Holz habe ich sehen durch dieBrücke schwimmen, worauf Nummern waren. 2 Kreutze waren in Radebeil angeschwommen, auch ein ganzes Floß von 500 Stämmen. Ein Fischer, welcher unter der Dresdner Brücke auf einen Kahne nach einen Stamm Holz gegriffen hatte, war heraus gestürzt und ertrunken.
Bei Golis waren 3 Männer ertrunken, welche zum Vergnügen eine Lustfahrt gemacht hatten, es waren zwar 8 Mann gewesen, aber 5 Mann hatten sich gerettet, sie waren auf den Damm bis Priesnitz im Wasser fort gewaden. Ein Mann von Serkewitz, hinterließ Wittwe und 4 Kinder, und von Golis ertrank ein Breutigam, welcher zum ersten mal Aufgebeoten war. Die Elbe war überdies den ganzen Tag fort gewachsen.

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